Mittwoch, 13. Juli 2016

BVV-Wahl 2016 in Lichtenberg

Am 18. September wählt Berlin. Doch nicht nur für das Abgeordnetenhaus von Berlin will gewählt werden, Mitspracherecht haben die Berliner auch für die Regierungen der Bezirke, die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). Und weil dies ein Blog über Lichtenberg ist, soll der folgende Artikel die Wahlmöglichkeiten für die Lichtenberger aufzeigen und eine kleine Orientierungshilfe im Parteien- und Personendschungel sein. Ich freue mich über Fragen und Anregungen.

Broschüre zur Wahl

Wer darf wählen?


Wählen dürfen alle Lichtenberger, die zum Wahltag 16 oder älter sind. Ein wesentlicher Unterschied zu den Bundestags- und Abgeordnetenhaus-Wahlen also, bei denen man 18 sein muss.
Lichtenberger bedeutet, dass man seit dem 18. Juni 2016 in Berlin und spätestens am 7. August in dem Bezirk, in dem man wählt, gemeldet ist. Da es sich bei der BVV-Wahl um eine Kommunalwahl im europäischen Sinne handelt, dürfen hier deutsche und EU-Staatsbürger wählen. Spanier, Polen, Italiener, Rumänen - sie alle dürfen mitbestimmen, wer an ihrem Wohnort in Lichtenberg was zu sagen hat.
Für nicht-EU-Bürger gilt das nicht, diese haben auch auf kommunaler Ebene kein Wahlrecht.

Rathaus Lichtenberg  / Quelle: JS
Was wird gewählt? 


Gewählt wird eine Liste für die Bezirksverordnetenversammlung.

Die Bezirke

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde im Zuge der preußischen Verwaltungsreform beschlossen, in größeren Städten Bezirke einzurichten, die mehrere tausend Einwohner umfassten, um eine Kommunalverwaltung zu ermöglichen. Durch die vielen Eingemeindungen in Berlin wurde deren Zahl schnell unübersichtlich, 1920 gab es mehr als 450 Bezirke. Abhilfe schuf das Groß-Berlin-Gesetz, das die Eingemeindung von u.a. Lichtenberg, Hohenschönhausen, Malchow, Weißensee, Falkenberg und Wartenberg zum Inhalt hatte. In dem Gesetz wurde die Anzahl der Bezirke auf 20 reduziert, die heutigen Stadtteile von Lichtenberg gehörten damals zu Weißensee und Lichtenberg. Hohenschönhausen wurde erst 1985 gegründet. Seit der Bezirksreform 2001 hat Berlin noch 13 Bezirke, einer davon Lichtenberg.

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV)

Die Regierung oder Verwaltung des Bezirks erfolgt durch die Bezirksverordnetenversammlung, sozusagen der Bundestag eines jeden Bezirks. Hier sitzen 55 Bezirksverordnete (Liste der aktuellen BVV-Mitglieder), die das Bezirksamt wählen und damit den Bezirksbürgermeister und die vier Stadträte. Darüber hinaus haben sie eine Kontrollfunktion und beschließen den Haushalt, entscheiden also, wofür Geld ausgegeben wird. Die BVV tagt jeden dritten Donnerstag im Monat in öffentlichen Sitzungen, die auch per Live-Stream verfolgt werden können.

Wie wird gewählt?

Die Wahl zur BVV erfolgt gemeinsam mit der Wahl zum Abgeordnetenhaus. Wer also seine Wahlbenachrichtigung hat, wählt dreimal: Mit der Erst- und Zweitstimme das Abgeordnetenhaus, also den Senat von Berlin, und mit einer Stimme die gewünschte Partei der BVV Lichtenberg.

Der Bezirk ist dazu in Wahlkreise und Wahlbezirke eingeteilt, diese sind erheblich kleinteiliger als bei der Bundestagswahl. Der Wahlkreis ist Lichtenberg (Bezirk Nummer 11), die Wahlbezirke umfassen Gebiete, mit circa 1.200 Wahlberechtigten, sind also mal größer mal kleiner. Je Wahlbezirk gibt es ein Wahllokal, in das man am 18. September mit Personalausweis und Wahlbenachrichtigung geht, seine Stimmzettel erhält, in eine Kabine geht, seine berühmten Kreuzchen macht und die Stimmzettel sorgsam gefaltet in die Wahlurne wirft. Fertig. Tut nicht weh und lässt sich mit der ganzen Familie als kleiner Sonntagsspaziergang zelebrieren.

Stimmzettel
Quelle: Broschüre zur Wahl
Für alle, die nicht gut zu Fuß sind, verreisen wollen oder aber nicht sicher sind, ob sie da sind oder nicht, empfiehlt sich die Briefwahl. Auf der Wahlbenachrichtigung gibt es die Möglichkeit, Briefwahlunterlagen anzufordern. Dann bekommt man die Stimmzettel zugeschickt und kann sie gemütlich am heimischen Küchentisch ausfüllen. Besonders geeignet auch, wenn man sie in Ruhe studieren oder beispielsweise interessierten Jugendlichen zeigen will (aus eigener Erfahrung…).
Für die Wahl der BVV hat jeder Wähler eine Stimme. Mit dieser kann eine Partei (SPD, CDU, Linke, …) oder eine Wählergemeinschaft gewählt werden. Die Parteien haben dann Listen, nach denen entschieden wird, wie viele der von ihnen aufgestellten Kandidaten in die BVV einziehen.

  

Wer steht zur Wahl? 


Ich plane, hier in naher Zukunft zu beschreiben, wer die Spitzenkandidaten in Lichtenberg sind und wofür sie stehen.


Quellen und weitere Informationen

Wikipedia-Eintrag zur BVV
Informationen zum EU-weiten Wahlrecht
Broschüre "Berlin wählt. Ich auch!"
Übersicht des Landeswahlleiters Berlin
Informationen des Bezirksamtes Lichtenberg zur BVV

Donnerstag, 16. Juni 2016

Das Lichtenberger Stasi-Erbe

Die ehemalige Stasi-Zentrale in der Normannenstraße war und ist eine große Bürde und Herausforderung für den Bezirk Lichtenberg. Wie aus ihr wurde, was sie ist und was mit ihr passieren soll. 
Stasi-Komplex - Quelle: BStUMfS HA II/Fo/32
Zuletzt bearbeitet: 16.06. 2016

Auf halber Strecke zwischen S-Bahnhof Lichtenberg und U-Bahnhof Frankfurter Allee begegnet man einem zwielichtigen Ort; heute ist es eines der hässlichsten Leerstandsgebiete Berlins, ein Zeugnis einfallsloser Zweckarchitektur der Siebzigerjahre – doch einst war es das am besten bewachte Areal der DDR, ein gefürchteter Ort und ein Zentrum der Macht: die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit in der Normannenstraße. Dem Vorbeifahrenden verschließt sich das Ausmaß des Komplexes: Alles, was er von der Frankfurter Allee aus sieht sind leerstehende graue vierzehnstöckige Plattenbauten. Das Areal hat seinen Schrecken weitgehend verloren, es steht dort wie ein hässliches Mahnmal in einem Kiez, der versucht, trotz seiner Vergangenheit ganz normales Stadtleben zu entwickeln und es doch nicht schafft, solange in seiner Mitte 22 Hektar verkommen.

Die Gründung


Haus 1 - Quelle: JS
Nach der Gründung des MfS im Jahre 1950 wurde die Zentrale in der Ostberliner Normannenstraße angesiedelt. Das Herzstück des Areals war das Haus 1, Sitz des Ministers für Staatssicherheit Erich Mielke, es wurde 1961 gebaut. Nach und nach expandierte das Ministerium, ganze Straßen verschwanden aus dem Stadtbild ebenso wie architekturhistorisch bedeutsame Wohnbauten von Bruno Taut und eine seltene Wippmühle.

Als sich Mitte der Siebzigerjahre herausstellte, dass es von einem Wohnhaus südlich der Frankfurter Allee ein Leichtes ist, das Haus 1 und insbesondere dessen Eingang zu beobachten, umbaute man den Eingang kurzerhand mit Betonformsteinen und errichtete anschließend vierzehnstöckige Plattenbauten um den vorhandenen Komplex herum. Hierfür wurde sogar eine vierspurig geplante Hochautobahn aus dem Verkehrsplan getilgt. Dort zog kurz darauf die Hauptverwaltung Aufklärung, die Auslandsspionage-Abteilung des MfS ein. 

Mitte der Achtzigerjahre beherbergte die Zentrale 5.000 bis 7.000 Mitarbeiter. Als eines der letzten Gebäude wurde der Versorgungstrakt in Haus 18 fertiggestellt, hier fanden die Mitarbeiter eine eigene Kaufhalle, Galerie, einen Friseursalon, Buchladen, ein Reisebüro und sogar ein eigenes Kino, sodass es praktisch keine Notwendigkeit gab, das Gelände zu verlassen. Gewohnt haben die meisten Mitarbeiter in ministeriumseigenen Wohnhäusern in der Umgebung. 

Die Wende


Als 1989 die Mauer fällt, liegen in den Schubladen bereits die Pläne für eine gewaltsame Verteidigung des Ministeriums, sollten die Bürger versuchen, es zu stürmen. Doch alles bleibt weitgehend friedlich, sowohl die Bürger als auch die Geheimdienst-Mitarbeiter bewahren Ruhe und während einer Demo am 15. Januar 1990 öffnen sich etwas überraschend die Tore und das Volk wagt einen Einblick in das gefürchtete Gebäude. Die Bürgerrechtler und Demonstranten schleichen etwas verunsichert über die ausgeleuchteten Wege und werden so in den Versorgungstrakt geführt – den einzigen Ort, an dem keine geheimdienstlich relevanten Unterlagen zu finden sind. Die Randale wirkt gestellt, die Mitarbeiter müssen sie vorbereitet haben.

Magazinraum - Quelle: BStU
Kurze Zeit später steht fest, das MfS wird aufgelöst und eine Nachfolgeorganisation wird es nicht geben – tausende Mitarbeiter werden entlassen. Ein eigenes Arbeitsamt wird im Komplex eingerichtet, einige Mitarbeiter werden bis Mai 1990 dabei helfen, die Akten zu sammeln und zu bündeln. Denn Bürgerrechtler hatten erstritten, dass die Unterlagen der Stasi nicht wie geplant ins Bundesarchiv gelangen und dort dreißig Jahre unter Verschluss gehalten werden, sondern an Ort und Stelle verbleiben und Wissenschaftlern, Journalisten sowie betroffenen Personen zugänglich gemacht werden. 

Der BStU


Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR – kurz BStU – nimmt seine Arbeit auf. Erster Beauftragter wird Joachim Gauck, ihm folgt Marianne Birthler und schließlich Amtsinhaber Roland Jahn. Ihre Aufgabe ist es seit 1992, die Akten zu sichten, einzuordnen, zugänglich zu machen – und wiederherzustellen. Denn ein erheblicher Teil der über 70.000 laufenden Meter Akten, die sich hier angesammelt hatten wurde in der Wendezeit zerstört. 

Nach Besetzung der verschiedenen Stasi-Gebäude im ehemaligen DDR-Gebiet wurden insgesamt über 16.000 Abfallsäcke mit zerrissenem Papier, Knäueln abgewickelter Tonbänder und zerkleinerten Bildern und Negativen sichergestellt. Seit 1995 werden diese Unterlagen nach und nach in geduldiger Kleinarbeit manuell zusammengesetzt, wobei bis 2011 ungefähr 400 Säcke rekonstruiert werden konnten. Da dieses Verfahren entsprechend langwierig ist, wurde eine Projektgruppe für die „Virtuelle Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen“ ins Leben gerufen.


Das Stasimuseum - Mielkes Schreibtisch und das System des MfS


In Haus 1, dem Sitz des Ministers, wurde auf Beschluss des sogenannten „Runden Tisches“, einer Zusammenkunft verschiedenster Interessengruppen bis zu Volkskammerwahl im März 1990, eine Forschungs- und Gedenkstätte eingerichtet, die bis heute das Stasi-Museum beherbergt. Im Januar 2012 wurde das Museum nach umfangreicher Sanierung wieder eröffnet und überzeugt durch eine pädagogisch anspruchsvolle Ausstellung mit zahlreichen Beispiel-Dokumenten und exemplarischen Lebensläufen. Neben dem Dienstzimmer von Erich Mielke und den Besprechungsräumen für die Stasi-Führungskader fasziniert auch die nahezu original erhaltene Raumausstattung der späten Fünfzigerjahre die zahlreichen in- und ausländischen Besucher, ähnlich der ehemaligen Haftanstalt der Staatssicherheit in Hohenschönhausen. 

Informationen zum Stasimuseum
Adresse: Ruschestraße 103, Haus 1, 10365 Berlin Google Maps Link
Öffnungszeiten: Mo - Fr: 10.00 - 18.00 Uhr / Sa, So: 11.00 - 18.00 Uhr / Feiertage: 11.00 - 18.00 Uhr Eintritt: Erwachsene 6€ / Ermäßigt 3€ / 4,50€
öffentliche Führungen am Wochenende
Weitere Informationen: stasimuseum.de

Lageplan des Komplexes mit gegenwärtiger Nutzung - Quellle: JS

Und der Rest? 


Doch was passiert mit den restlichen fast 22 Hektar? In den Neunzigerjahren haben verschiedene Unternehmen und Institutionen hier Quartier bezogen, größter Eigentümer war die Deutsche Bahn. Diese hat im Frühjahr 2011 den Standort aufgegeben und die Mitarbeiter ins neue Quartier am Nordbahnhof umziehen lassen. Das ehemalige Kongresszentrum an der Normannenstraße Ecke Ruschestraße wurde zeitweilig an die TAMAX-Gruppe veräußert, die ein multifunktionales Handels-, Kongress- und Eventzentrum geplant hatte. Teile des Areals bezog das Arbeitsamt Lichtenberg, das Bundesverwaltungsamt und auch das Finanzamt Lichtenberg zog wieder hierhin zurück. Ebenso hat sich ein Ärztehaus hier etabliert und verschiedene kleinere Einrichtungen. Nichts desto trotz stehen hier über 100.000 Quadratmeter Bürofläche leer (20% des gesamten Berliner Leerstandes) und geben ein gespenstisches Bild ab von der einstigen Zentrale der Macht, dem Arbeitsplatz von 5.000 Beschäftigten.
Mehrere Jahre kämpfte der Bezirk Lichtenberg um die Ausweisung des Gebietes als Sanierungsgebiet mit europäischer Förderung. Im März 2011 wurde das Areal dann Teil des Sanierungsgebietes „Frankfurter Allee Nord“. Bezirksbürgermeister Andreas Geisel ließ verkünden, sobald die Haushaltssperre aufgehoben sei, beginne man mit der Suche nach einem Sanierungsbeauftragten, der alles weitere regelt.
Ansätze einer Durchgrünung - Quelle: JS
Die Förderung erfolgt für zehn Jahre und soll auch private Eigentümer zu Sanierungsmaßnahmen motivieren. Land und Bezirk planen, hier Wohnraum zu schaffen, insbesondere für kleine Haushalte. Dafür werden vom Liegenschaftsfond im Laufe des Jahres 2012 die Grundstücke Magdalenenstraße 19 und 21 verkauft, in denen einst die Spionage-Abwehr und die „Zentrale Sammel- und Informationsgruppe“ untergebracht waren. Darüber hinaus soll die Infrastruktur verbessert, das Areal qualitativ aufgewertet und Freiräume geschaffen werden.


Konzept: Campus der Demokratie


Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Roland Jahn hat 2013 die Idee eines "Campus der Demokratie" auf dem ehemaligen Gelände des MfS geboren und bringt sie seitdem voran. Der Bundestag hat beschlossen, dieser Idee positiv gegenüber zu stehen, auch Land und Bezirk sind an einer Entwicklung des Standortes interessiert. Unter der Führung des Lichtenberger Abgeordneten Danny Freymark (CDU) hat sich der Verein "Campus der Demokratie e.V." gegründet mit der Absicht, "auf dem Gelände des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR einen Ort des Lernens, des Verweilens und der Freiheit zu etablieren." (Quelle: Vereinshomepage, 15.06.2016)

Visualisierung auf Google Maps
Das Konzept sieht die Nutzung von fünf Gebäuden des Komplexes vor:
Haus 1 - ehemals Haus des Ministers - Nutzung durch das Stasimuseum, Sitz weiterer Bürgervereine
Haus 7 - Informationsbereiche zum Archiv und Erweiterung der Ausstellungen, im Nordflügel Ansiedlung der Forschungsabteilung der BStU - geplant bis 2017
Haus 8 - Stasi-Archiv einschl. Führungen (Für Interessierte: die Veranstaltungsseite des BStU)
Haus 18 - ehemals Versorgungstrakt einschließlich Kino und Sälen - Nutzung als Veranstaltungszentrum (Bilder vom Bau des Gebäudes)
Haus 22 - ehemaliges Offizierskasino - Informationszentrum mit Bibliothek zur SED-Architektur und themenbezogener Buchhandlung - das Haus wird derzeit saniert

Open Air Ausstellung "Revolution und Mauerfall"


Ausstellungsvisualisierung
Visualisierung: Kulturprojekte/Daniel Büche
(Ausstellungsarchitektur und -grafik: eckedesign)
 Am 15. Juni 2016 eröffnete auf dem Gelände die neue Dauerausstellung "Revolution und Mauerfall" der Robert Havemann Gesellschaft, die in Teilen 2009 auf dem Alexanderplatz zu sehen war. 
Die Gesellschaft dazu: "Die Open-Air-Ausstellung im Innenhof der Stasi-Zentrale dokumentiert die wichtigsten Stationen der Friedlichen Revolution in der DDR − von den Anfängen des Protests über den Mauerfall bis zur deutschen Einheit. Auf 1.300 Quadratmetern erinnert die zweisprachige Dauerausstellung an die bewegenden Momente der geglückten Freiheitsrevolution. [...]
Mehr als 650 faszinierende Fotos und historische Dokumente illustrieren die dramatischen Ereignisse. An neun Medienstationen sind Originalaufnahmen, TV-Mitschnitte und Interviews mit Zeitzeugen zu sehen." (Quelle: revolution89.com)

Informationen zur Ausstellung unter: revolution89.de

Der Einzug der Robert Havemann Gesellschaft in eines der Campus-Gebäude ist ebenfalls in Diskussion. 

Ironie der Geschichte: Geflüchtete in der Zentrale der Auslandsspionage


Haus 15, Sitz der HVA - Quelle: JS
Im November 2015 zogen 500 Geflüchtete in Haus 15, dem Sitz der berüchtigten Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) unter Leitung von Markus Wolf. Die HVA war der Auslandsgeheimdienst der Staatssicherheit, das ostdeutsche Pendant zum Bundesnachrichtendienst (BND) und galt als einer der besten Geheimdienste der Welt, laut eigenen Aussagen der zweitbeste nach dem israelischen Mossad. Zuletzt arbeiteten hier etwas über 3.800 Mitarbeiter, zu deren Aufgaben hauptsächlich die Auslandsaufklärung und Gegenspionage zählte. Die Auflösung der HVA wie des gesamten MfS und die damit einhergehende Aufdeckung der Arbeitsweisen eines Geheimdienstes ist eine historische Einmaligkeit, die für alle ausländischen Geheimdienste - allen voran den BND - von großem Interesse war. 
Die Notunterkunft für Flüchtlinge wird vom Deutschen Roten Kreuz betrieben. Hier sind hauptsächliche syrische Familien, darunter viele Kinder, untergebracht. Insgesamt leben circa 1200 Menschen hier. 
Die Leitung freut sich über Sach- und Geldspenden. Mehr Informationen gibt es unter: drk-mueggelspree.de

Wie es weitergeht... 


...ist offen. Doch es ist viel Leben in der "Stasi-Stadt" mitten im aufkommenden Bezirk Lichtenberg. Und zwar vielfältiges. Die Auszeichnung als Sanierungsgebiet bringt u.a. durch europäische Fördermittel Schwung in den Städtebau, das "Campus der Demokratie"-Konzept wird weiterhin viel positive Aufmerksamkeit auf den Ort lenken und die Entwicklung als Ort der Erinnerung und Aufklärung voranbringen. Und der über den S-Bahn-Ring hinausgreifende Berlin-Spirit wird mit ein bisschen Koordinierungshilfe auch den restlichen Leerstand beenden. 

Quellen und weiterführende Informationen:


http://www.stasimuseum.de/  - das Museum in Haus 1
http://www.bstu.bund.de/ - Homepage des BStU Roland Jahn
http://campus-der-demokratie.de - Verein des Campus für Demokratie e.V.
http://revolution89.de/ - Ausstellung der Robert Havemann Stiftung
http://www.ddr-wissen.de - Informationen zur HVA
http://notunterkunft.drk-mueggelspree.de/ - Informationen zur Notunterkunft Ruschestr.
http://www.stadtentwicklung.berlin.de - Information zum Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord

Sonntag, 16. September 2012

Die Flussbadeanstalt Rummelsburg

Baden in der Spree... Was heute nach einer Mischung aus utopisch und eklig klingt, war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts Realität in Form der Städtischen Flussbadeanstalten entlang der Spree. Eine ganz große und besondere war jene in der Rummelsburger Bucht, ein fast vergessenes Areal, das gerade zu neuem Leben erwacht...

Quelle: Spreestudios
Anlässlich des Tag des Offenen Denkmals 2012 haben wir uns Sonntag an die Rummelsburger Spree begeben und uns die ehemalige Städtische Flussbadeanstalt Rummelsburg genauer angesehen – eines meiner Lieblingsobjekte im Lichtenberg zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
An der Köpenicker Str. 1-4, also direkt neben dem Kraftwerk Rummelsburg, liegt das Gelände der ehemaligen Flussbadeanstalt. Nähert man sich dem Ganzen von der Straße, sieht man lediglich Ruinen, die mehr nach Industriebetrieb als nach Freizeitvergnügen aussehen. Hinter einem frisch angelegten Kreisverkehr befindet sich vor dem ehemaligen Wirtschaftsgebäude der Eingang zum heutigen Gelände, das hauptsächlich von Künstlern genutzt wird. Insgesamt strahlt uns eine sehr entspannte, ruhige Atmosphäre entgegen, es ist ein warmer Spätsommertag, man merkt die Wassernähe und die hintergründige Musik trägt ihr Übriges zur Gemütlichkeit bei. Zwischen all der Kunst sind kleine Tafeln liebevoll aufgebaut, die über die Historie der Flussbadeanstalt aufklären.

Damals...


Quelle: Spreestudios
Solche Anstalten gab es nämlich schon seit circa 1800, das Schwimmen diente der sportlichen Ertüchtigung, die wiederum ähnlich wie alle damals eingeführten Sportarten die Wehrfähigkeit der jungen Männer erhöhen sollte. Um 1905 betrieb die Stadt Berlin 15 Flussbadeanstalten, darunter sogar einige direkt in der Stadt wie beispielsweise die Pochhammersche Badeanstalt an der Jannowitzbrücke und eine direkt an der Oberbaumbrücke. Das Rummelsburger Flussbad wurde in den Zwanziger Jahren ausgebaut, vermutlich weil 1925 alle innerstädtischen Anlagen aufgrund der hohen Bakterienbelastung geschlossen werden mussten. Von 1925 bis 1927 erfolgte der Ausbau unter dem Architekten Rudolf Gleye und mit 17.000 Besuchern war es schnell eines der größten Flussbäder Berlins. Das Besondere:
Vom benachbarten Heizkraftwerk Rummelsburg wurde der Kühlwasserablauf genutzt, um das Flusswasser durchgehend auf angenehme Temperaturen um die 30°C zu erwärmen. Gerade bei einem Sommer wie diesem eine überaus nützliche Angelegenheit!
Nach dem Krieg wurde das Areal vom Zoll genutzt, nach der Wende gar nicht mehr. Doch seit fast zwei Jahren  wird das Areal von den Spreestudios genutzt, die hier Studios und Ateliers für Künstler anbieten und es  vor dem Verfall bewahren. Die Kunst und die halbverfallenen Gebäude profitieren meiner Meinung nach erheblich voneinander; Künstlerische Installationen geben dem Verfallenden etwas Romantisches und die beinahe-Ruinen bilden eine ganz besondere Kulisse für die Skulpturen, Bilder und Chill-Out-Areas. Für die Zukunft planen die Kunstfreunde diesen n Ort zu einer urbanen Insel zu entwickeln, auf der Künstler und Kreative moderne und andersartige Innen- und Außenräume finden. Die besondere Lage zwischen Stadt und Peripherie und zwischen Industrie und Natur ist ideal für die Entwicklung kreativer Ideen.

Zurück zum maritimen Erbe


Gleich nebenan befindet sich die  sogenannte CityMarina, ein privater Hafen inklusive Selbsthilfewerft (eine wirklich schöne Idee!). Daneben und damit direkt am Spreeuferwanderweg gelegen befindet sich seit Mai 2011 das kleine, aber sehr besondere Restaurant Hafenküche, mit wirklich ansprechender Atmosphäre, liebevoller Küche und gemütlichem Wasserblick. Sowohl Marina als auch Restaurant ergänzen den überaus spannenden Plan, das Gelände der Spreestudios zu einem „zu einem Ort für Bootsbau, -restaurierung und -handel historischer Schiffe“ zu entwickeln. Das um die Marina entstandene bzw. im Entstehen begriffene Gewerbegebiet ist ganz offenbar ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin, einige auch bekannte Unternehmen haben sich bereits angesiedelt.

Wieder Baden in der Spree?


Doch was wäre eine ehemalige Flussbadeanstalt ohne die Aussicht auf ein mögliches Bad im Fluss? Ein ganz persönlicher Traum von mir, zumal an diesem einzigartigen Ort! Das möglich zu machen, hat sich das Projekt Spree2011auf die Fahnen geschrieben, bestehend aus einer Gruppe von Ingenieuren, die derzeit an einer Möglichkeit arbeitet, die Spree wieder sauber genug zum Baden zu machen. Die großen industriellen Verschmutzungen gehören schon lange der Vergangenheit an, wirklich Probleme bereitet die Kanalisation, die bei starkem Regen regelmäßig überläuft und so die Abwässer in die Spree führt. Das Projektteam hat zur Lösung dieses Problems eine neuartige Technik entwickelt, die ich ehrlich gesagt nicht komplett verstanden habe, die aber auf der Internetseite ausführlich erklärt wird. :) Auf jeden Fall ist dies aber ein großartiges Projekt, denn was gäbe es schöneres als eines Tages wieder in einem Flussbad in der Spree zu plantschen?!

Diese und weitere selbstgemachte Impressionen gibt's bei Flickr auch als Bildergalerie:
http://www.flickr.com/photos/in-lichtenberg/sets/72157631513870601/

Quellen und weiterführende Links

Spreestudios - die gegenwärtigen Nutzer des Areals
die Kunstfreunde - das Projekt hinter den Spreestudios
Hafen und Hof - die Betreiber des Gewerbehofes
CityMarina - der Privathafen
Hafenküche - das Restaurant mit dem sympathischen Motto: "Wir kochen auch nur am Wasser"
Spree2011 - das Projekt zum Wieder-in-der-Spree-baden

Donnerstag, 5. Juli 2012

Nachtrag zum Guggenheim Lab

Seit 15. Juni steht nun das Guggenheim Lab auf dem Prenzl'Berger Pfefferberg und führt fleißig Projekte, Veranstaltungen und Diskussionen durch.

Nicht weiter interessant, weil hat ja mit Lichtenberg (bis auf die urbanen Fragen des Lebens) nicht mehr allzu viel zu tun. Und da lese ich heute in einer Pressemitteilung:

BMW Guggenheim LAB kommt doch nach Lichtenberg!


:) Wie jetzt?

Also es wird nächstes Wochenende (13. und 14. Juli) Bustouren in die großen Ostberliner "Kieze" Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick geben, bei denen mal über den Tellerrand des S-Bahnringes hinaus die "östliche Peripherie" begutachtet werden soll. Organisiert und begleitet wird das ganze vom Schweizer Künstler Maurice de Martin mit folgendem Zweck: "Anhand zweier ganztägiger Bus-Expeditionen in die "Grauzone" jenseits der S-Ringbahn sind eine Gruppe von Berlin A-Anwohner und natürlich auch andere interessierte Zeitgenossen eingeladen, das Phänomen "Urban Sprawl" an der Berliner "Eastside" eingehend zu untersuchen." A-Anwohner sind übrigens die Leute, die in Tarifzone A (also innerhalb des S-Bahn-Ringes wohnen). Ob sich die Veranstalter darüber im Klaren sind, dass keiner der drei "Kieze" in der C-Zone liegen? Das wäre nämlich die tatsächliche Peripherie...
Bezirksbürgermeister Andreas Geisel freut sich natürlich ganz besonders, "dass Maurice de Martin mit dem C-Zone-Projekt spannende Ecken unseres Bezirks erkunden und sie dem Publikum präsentieren will. Er wird überrascht sein, wie bunt und vielfältig Lichtenberg ist und welch enormen Wandel er durchlebt."
Man darf also gespannt sein...

Wer dabei sein will, muss sich vorher anmelden. Pro Exkursion sind nur 20 Teilnehmer erlaubt, aber die Teilnahme ist kostenlos.

Weitere Informationen (und den Anmeldelink) gibt es hier:

Dieser Post ist ein Nachtrag zum Post vom 27.03.2012 zum Guggenheim Lab.

Sonntag, 13. Mai 2012

Trabrennbahn Karlshorst - ein Ort für Pferdefreunde

Die Trabrennbahn Karlshorst ist eine von deutschlandweit 14 und hat seit der Wende mit vergleichsweise geringem Interesse und damit geringen Einnahmen zu kämpfen. Der Bezirk hat sich der Aufwertung des Areals verschrieben. 

Was bisher geschah...


Rennbahn Karlshorst, um 1910
Quelle: historische Postkarte Museum Lichtenberg
Die Geschichte der Trabrennbahn Karlshorst beginnt 1862, als auf dem so genannten Vorwerk Carlshorst erste Armee-Jagd-Rennen durchgeführt wurden. Gut zwanzig Jahre später fand hier das erste öffentliche Pferderennen statt und Ende des 19. Jahrhunderts wurde auf dem Gelände der Gutsbesitzerfamilie von Treskow die eigentliche Rennbahn Karlshorst, eine Galopprennbahn für Hindernis- oder Jagdrennen errichtet.
Nach dem zweiten Weltkrieg war Karlshorst ein wichtiger Standort für die sowjetische Stadtkommandantur und vielleicht deshalb ließ der Stadtkommandant Generaloberst Bersarin die Anlage schon 1945 zu einer Trabrennbahn umbauen und von der Fläche verdoppeln.
Die nächsten 45 Jahre war die Trabrennbahn Karlshorst die einzige Trabrennbahn in der DDR und entsprechend populär. Die Wiedervereinigung und damit das Ende der DDR brachten auch für die Trabrennnbahn eine schwere Zeit, die bis heute nicht durchgestanden ist. Zunächst hat die Treuhandanstalt die Reitsportanlage an den Trabrennverein Mariendorf (TVM) verpachtet, doch der zog sich aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten Anfang der 2000er zurück. 2003 wurde der Förderverein „Pferdesportpark Berlin-Karlshorst e.V.“ gegründet, der sich seitdem engagiert für den vor allem finanziell sehr schwierigen Weiterbetrieb einsetzt.
Eingang zur Trabrennbahn
Mitte des Jahrzehnts wurde das Gelände geteilt und die nicht länger zur Trabrennbahn gehörende Fläche mit Ein- und Mehrfamilienhäusern - der Siedlung Carlsgarten - bebaut. Die restlichen 3,7 Quadratkilometer müssen seitdem betrieben werden, was insofern gut gelingt, als dass Besucherzahlen und Wettumsätze stetig steigern. Einen großen Rückschlag dahingehend gab es 2010, als das Bundesinnenministerium die Reiterstaffel der Bundespolizei nicht wie geplant in Karlshorst stationierte, sondern in Stahnsdorf bei Potsdam. Bis heute wird neben den regelmäßig stattfindenden Trabrennen auch mit Großveranstaltungen wie den Deutsch-Russischen Festtagen versucht, das Gelände zu nutzen.

Was sind Trabrennen eigentlich?


Trabrennen sind, wie der Name schon verrät, Pferderennen, bei denen das Pferd nur im Trab rennen darf. In der Regel reiten die Jockeys beim Trabrennen nicht auf dem Pferd sondern “steuern” das Pferd aus dem so genannten Sulky, einem Anhänger. In den letzten Jahren wird allerdings auch bei Trabrennen vermehrt auf dem Pferd geritten. Die Rennstrecke geht über Distanzen von 1.600 bis 2.300 m und besteht aus Sand- oder Grasbahnen.

Mehr als nur zuschauen...


Auch bei Trabrennen darf gewettet werden :) Die Renntage finden regelmäßig - etwa ein- bis zweimal im Monat - statt. Das wichtigste Rennen ist das jährlich stattfindende Bersarin-Erinnerungsrennen.
Aus gutem Grund: Nikolai Bersarin war seit dem 28. April 1945 der erste sowjetische Stadtkommandant in Berlin und leitete bis zu seinem Unfalltod am 16. Juni 1945 die Geschicke der zerstörten Stadt. Er ist Ehrenbürger Berlins. 
Darüber hinaus gibt es eine Traber-Fahrschule und die Möglichkeit für wenig Geld Anteile an Rennpferden zu erwerben und so Mitbesitzer zu sein ;)


Was seitdem passiert ist und passieren wird... 


Geplant war, dass mit insgesamt 300.000 Euro, die von EU, Senat und Bezirk kommen, das Areal gewinnbringend ausgebaut wird und Investoren für die weiteren Planungen gefunden werden. Ziel war ein “Pferde-Paradies” mitten in der Stadt. Dazu soll es ein Jugend- und Familienhotel (mit Ferien auf dem Reiterhof), Sping- und Dressurwettkämpfe, Reitplätze, eine Tierklinik mit -therapien, eine große neue Reithalle und eine Anbindung an die bereits vorhandenen Reitwege in der Wuhlheide geben. Die Tribune soll modernisiert werden und andere Freizeitmöglichkeiten wie ein Open-Air-Kino und eine Minigolfanlage sind ebenfalls geplant. Daneben soll es drinnen und draußen weiter Großveranstaltungen geben. Ein besonderes Schmankerl ist das Biomasse-Kraftwerk, das die Anlage mit Strom aus Pferdemist versorgen soll. :)
Konkret wird es nun, da im April 2016 ein ca. 10.000qm großes Areal von der Stiftung Rehabilitationszentrum Berlin-Ost erworben wurde, auf dem ein Reittherapiezentrum entstehen soll. Die Betreiber freuen sich über die finanzielle Unterstützung.

Im August 2013 fand die Islandpferde-Weltmeisterschaft statt und zog täglich bis zu 13.000 Besucher auf das Gelände. Nach dem großen Erfolg prüft der Verein eine Bewerbung für die Weltmeisterschaft 2019. 


Quellen und weiterführende Links

Dienstag, 27. März 2012

Das Lichtenberger Wasserwerk

Bei der Stadtauswärtsfahrt auf der Landsberger Alle erscheinen rechter Hand die schönen Klinkerbauten des ehemaligen Lichtenberger Wasserwerkes. 

Was ist das Wasserwerk?


Das Zwischenpumpwerk
Quelle: Wikipedia
Das Wasserwerk an der Landsberger  Allee 230 ist eigentlich ein Zwischenpumpwerk und bildete Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit dem Wasserwerk Friedrichshagen die Grundlage für die Berliner Trinkwasserversorgung. Hier wurde das aus Friedrichshagen stammende Wasser gespeichert und wenn nötig in die Stadtleitungen gepumpt. Die ersten Gebäude – sechs Maschinenhäuser – wurden von Richard Schultze und Henry Gill entworfen und 1889-93 gebaut. Um 1900 und 1925-28 wurde angebaut bis das Wasserwerk seine heutige Form erhielt. Es wurde in märkisch-gotischer Backstein-Architektur errichtet, eine aus dem norddeutschen Raum stammende Form der Backsteingotik, die sich im brandenburgischen aus Mangel an anderen Baustoffen etablierte. Viele berühmte Gebäude Norddeutschlands sehen so aus, beispielsweise das Rostocker Rathaus oder auch das Holstentor und viele andere Gebäude in Lübeck, quasi der Hauptstadt der Backsteingotik.

Was hatte das BMW Guggenheim damit zu tun? 

2012 gab es große Diskussionen um den Standort des BMW Guggenheim Labs in Berlin. Die Lichtenberger Bezirksregierung bemühte sich darum, das Wasserwerk ins Gespräch zu bringen und als Entwicklungsstandort bekannter zu machen:

Das Pumpwerk ist in Besitz der Berliner Wasserbetriebe und wurde 2007 restauriert. Ein fünf Hektar großer Teil an der Landsberger Allee sollte daraufhin in Zusammenarbeit mit dem Bezirk zu einem Kulturzentrum ausgebaut werden, ähnlich der Kulturbrauerei. Doch offenbar ist seither nicht allzu viel passiert. Vermutlich auch deshalb versuchte der Bezirk es mit dem Wasserwerk als Veranstaltungsort.

Andreas Geisel - damals Bezirksbürgermeister - begründete die Einladung folgendermaßen: „Zum Ziel einer innovativen Ideenschmiede passt eine wirkliche Herausforderung jedoch besser. Wir brauchen Lösungsansätze für die Großstadtprobleme jenseits von Schicki-Micki, für steigende Mieten und drohende Verdrängung. Das alte Wasserwerk ist ein 5 ha großes ungenutztes Industriedenkmal an der viel befahrenen Landsberger Allee, nur 2km vom S-Bahn-Ring entfernt. (…) Lichtenberg ist ein bunter und vielfältiger Bezirk, der momentan einen enormen Wandel durchlebt. Deshalb ist Lichtenberg genau der richtige Standort für das BMW Guggenheim Lab.“

Und Stadtrat Wilfried Nünthel ergänzte:
„Aus städtebaulicher Sicht bietet Lichtenberg ein breites Spektrum an spannenden Projekten, die in den nächsten Jahren realisiert werden sollen. Zu nennen sind hier direkt am pulsierenden Bahnhof Ostkreuz die Vollendung der Wasserstadt an der Rummelsburger Bucht, das Konzept der Gartenstadt in Karlshorst, die Wiederbelebung der Bekleidungsfabrik am Stadtpark und der Schokofabrik in Alt-Hohenschönhausen sowie die Reaktivierung leerstehender Plattenbauten zum modernen und bezahlbaren Wohnen. Zugleich steht Lichtenberg noch vor großen städtebaulichen Herausforderungen, wie beispielsweise den Umgang mit dem Ex-Stasi-Komplex in der Normannenstraße, die Entwicklung ehemaliger Industriestandorte und die Erschließung neuer Wohnungsbaupotentiale, für die noch kreative Ideen und engagierte Investoren gesucht werden."

Ein besonders aus Lichtenberger Perspektive sehr interessantes Argument.

Leider zog es das Guggenheim Lab dann zum Pfefferberg in Prenzlberg und der Standort Wasserwerk schläft weiter seinen Dornröschenschlaf. 

Weitere Informationen:
http://www.bmwguggenheimlab.org/ offizielle Seite des BMW Guggenheim Lab

Samstag, 14. Januar 2012

Nacht der Politik im Rathaus Lichtenberg

Im Lichtenberger Rathaus gab es heute eine weitere „Nacht der Politik“, bei der sich die Bürger über die Arbeit des Bezirksamtes informieren und an Unterhaltungsangeboten erfreuen konnten. Ein paar Eindrücke und ein bisschen was zum Rathaus.

das ausgeleuchtete Rathaus (Foto: JS)
Schon vor Betreten des Rathauses fällt mir die hübsche Beleuchtung auf, mit der das Rathaus heute herausgeputzt wurde und die meiner Meinung nach ruhig dauerhaft bleiben könnte. Auf dem Weg zum Ratssaal in die erste Etage begrüßt mich Dudelsack-Musik, etwas, dass man auf einer Veranstaltung des Bezirks nicht sofort erwartet. Später erfahren wir, dass es sich bei dem Dudelsackspieler um einen Lehrer der Schostakowitsch-Musikschule handelt – dann ist der Zusammenhang natürlich klar…

Im Ratssaal gibt es eine gut besuchte Informationsveranstaltung zu den großen Bauvorhaben des Bezirks, Bezirksbürgermeister Andreas Geisel betont, wie erfreulich es ist, dass immer mehr Menschen nach Lichtenberg ziehen und mehr Unternehmen hier investieren.  Davon könnten wir uns im weiteren Verlauf durch verschiedene Amtsvorsteher (Tiefbau-, Umwelt-, Stadtplanungsamt) überzeugen. Überzeugt werden wir neben der Gestaltung des Landschaftsparks Herzberge und dem Ausbau der Radwege vor allem von den zahlreichen Wohnungsbauprojekten im Bezirk. 500 Einfamilienhäuser am Gehrensee in Ahrensfelde, 400 kleine Wohnungen in dem riesigen Deutsche-Bahn-Gebäude am S-Bahnhof Lichtenberg und nochmal fast 1.000 Wohnungen in Karlshorst lassen optimistisch in die Zukunft blicken – vor allem, was die weitere Entwicklung der Mietpreise angeht.

Im Anschluss gucken wir uns noch ein bisschen um; es gibt einen Clown, der Figuren aus Luftballons zaubert, eine Musikgruppe von der genannten Musikschule, Essen und Trinken und jede Menge Möglichkeiten, sich im Rathaus mal umzugucken. Unter anderem dürfen wir einen Blick ins Amtszimmer des Bezirksbürgermeisters werfen, uns mit seinem Büroleiter unterhalten und Herrn Geisel sogar die Hand schütteln.

Tür zum Ratssaal
Büro des Bezirksbürgermeisters I
Büro des Bezirksbürgermeisters II





Die Fraktionen und einzelnen Amtsleiter stellen ihre Ressorts vor, man kann biometrische Fotos machen lassen, sich über die Arbeit der EU-Beauftragten informieren, bei den Linken Glühwein und bei den Piraten Club Mate und Pfeffi trinken.




Vor allem der Rundgang durch das Gebäude selbst ist beeindruckend. Im Folgenden ein paar Informationen zum Bau:
Eingangsbereich
Das Bezirksamt schreibt: „Das Lichtenberger Rathaus wurde 1898 nach zweijähriger Bauzeit fertiggestellt. Lichtenberg war zu dieser Zeit eine zirka 40.000 Einwohner große Landgemeinde und strebte unter dem neuen Ortsvorsteher Oskar Ziethen die Verleihung der Stadtrechte an.“ Denn auch an Lichtenberg ging die Industrialisierung und der damit einhergehende Bevölkerungszuwachs nicht spurlos vorbei, in den zehn Jahren von 1880 bis 1890 verzehnfachte sich die Bevölkerung, sodass aus dem Dorf Lichtenberg eine Stadt wurde. 1896 beschloss man dann, ein Rathaus zu bauen, um den eigenständigen Charakter der Arbeiterstadt hervorzuheben. Der neogotische Backsteinbau wurde am 11.11.1898 eröffnet. Dieser Baustil des 19. Jahrhunderts entstand in Anlehnung an und mit Rückbesinnung auf die mittelalterliche Gotik und ist beispielsweise auch zu bestaunen bei den Houses of Parliament mit dem Turm von Big Ben in London (1840-1860) und der Berliner Oberbaumbrücke (1896). Das Rathaus ist Sitz der Bezirksverwaltung Lichtenberg und wurde 2006 saniert und modernisiert. Hier befinden sich die Büros des Bürgermeisters und der Stadträte, diverse Beauftragte und auch das Standesamt. Die Bezirksverordnetenversammlung wird man hier allerdings nicht finden, die tagt alle zwei Monate in der Aula der Max-Taut-Schule am Nöldnerplatz.
Hof des Rathauses

Im Untergeschoss befindet sich die „Galerie im Ratskeller“ als kultureller Veranstaltungsort für Lesungen, Vorträge, Ausstellungen, Diskussionen und Konzerte. Weitere Informationen gibt’s hier.

Zur nächsten Nacht der Politik, lohnt es sich wirklich, mal vorbeizuschauen. Selten kommt man so nah an den ganz banalen und alltäglichen Politikbetrieb und seine Akteure.





Quellen und weitere Informationen:
http://www.berlin.de/ba-lichtenberg/derbezirk/rathaus_libg.html
http://www.berlin-fuer-entdecker.de/lichtenberg-entdecken/architektur-erleben/steinerne-raritaeten/rathaus-lichtenberg.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Neugotik
http://www.berlin.de/ba-lichtenberg/presse/archiv/20120105.1025.364590.html